Die verbale Entwicklungsdyspraxie (VED) zählt zu den kindlichen Aussprachestörungen. Bei dieser oftmals schweren Sprechstörung liegt das zentrale Problem in der Sprechbewegungsplanung und -programmierung. Was bedeutet, dass die Artikulationsorgane nur eingeschränkt willkürlich und kontrolliert für die geplante Äußerung einsetzbar sind. Die VED wirkt zudem einen störenden Einfluss auf die gesamte expressive Sprachentwicklung aus.
Die Behandlung der VED muss auf die speziellen Belange einer sprechdyspraktischen Störung ausgerichtet werden. Für Logopäden stellt sie eine große Herausforderung bezüglich Diagnostik und Therapie dar: Kinder mit VED fallen letztendlich nicht selten durch ihre „Therapieresistenz“ auf. Unbedingt erforderlich ist auch die Arbeit der Eltern zu Hause. Es werden entsprechende Übungen und Anleitungen für zu Hause mitgegeben.
Verlauf & Symptomatik:
Die ersten Merkmale zeigen sich meist schon in der Säuglingszeit, da Kinder mit einer VED häufig „stille Babys“ sind, die kaum lallen und plappern. Der Sprechbeginn ist sehr verspätet und die weitere expressive Sprachentwicklung nach den ersten Wörtern verläuft äußerst schleppend oder stagniert völlig. In den ersten Sprechproduktionen finden sich oft kaum Konsonanten (Vokalsprache). Ein charakteristisches Merkmal beim Sprechen ist die wenig verständliche Sprache. Die Lautbildungsfehler sind sehr variabel, so dass sich kein systematisches Lautfehlbildungsprofil erstellen lässt. Die sequenzielle Anordnung von Lauten und die erforderliche Bewegungsgeschwindigkeit bereiten große Probleme. Der Zustand ist inkonstant, sodass korrekte Bewegungen gelingen können.
Als Leitsymptom der VED gilt eine inkonsistente Sprechproduktion (auf vielfache Weise fehlgebildete Sprachlaute und Abfolgen, keine Regelmäßigkeit). Darüber hinaus können folgende Symptome auftreten:
- Veränderungen in der Prosodie (Sprechmelodie), unangemessene Betonungsmuster
- Schwierigkeiten in der willkürlichen Sequenzierung von Sprechlauten (sog. Quatschwörter können nicht oder meist nur falsch nachgesprochen werden, Laute werden in ihrer Reihenfolge vertauscht)
- Leichte neurologische Auffälligkeiten, verzögertes Erreichen sog. motorischer Meilensteine; leichte grob- und feinmotorische Auffälligkeiten
- Probleme in der visuellen Wahrnehmung (insbesondere Raum-Lage-Wahrnehmung und räumliche Beziehungen)
- Probleme im Saug-, Schluck- und Atemrhythmus, Bevorzugung von weichen und breiigen Nahrungsmitteln
- Suchbewegungen bei der Ausführung von motorischen Bewegungen im Mundbereich, Defizite in der oralen Wahrnehmung
- Auffallend gering ausgeprägte Lallphasen, kaum Konsonanten
- Auffällige Lautbildung; Vertauschung, Auslassung und Hinzufügungen von Lauten, Wiederholungen, Fehlen von Lautimitation, Verlängerung von Lauten
- Auffallend später Sprechbeginn, eingeschränkter Wortschatz, mehr Fehler bei langen Wörtern
- Satzbau ebenfalls verspätet, später Dysgrammatismus, Einzelwörter sind besser zu verstehen als Sätze
- Probleme in der phonologischen Bewusstheit
- Gehäuft nonverbale Strategien als Ersatz für fehlende Wörter (zeigen, Eltern zum Ziel führen)
- Sprachverständnis ist deutlich besser als das Sprechen (aktive Sprache)